30jähriges Jubiläum des Landeselternrates Sachsen – ein Grund zum Feiern und mehr noch ein Grund zu arbeiten
1992 haben engagierte Eltern die sächsische Elternvertretung ins Leben gerufen, um den Eltern im sächsischen Schulsystem eine starke Stimme zu geben.
In einer 2-tägigen Festveranstaltung wurde dann ein wenig gefeiert und viel gearbeitet. Wir haben das gemeinsam getan, indem wir ganz bewusst alle wichtigen Akteure im System Schule eingeladen haben – Schülerinnen und Schüler, Elternvertreter und Lehrer, Lehramtsstudenten und Referendare, deren Ausbilder und nicht zuletzt Vertreter des SMK.
Zu Feiern gab es das unermüdliche und ehrenamtliche Engagement der Eltern die Lern- und Lehrbedingungen an sächsischen Schulen zu verbessern. Ein Engagement was angesichts des riesigen Reformstaus im deutschen Schulsystem mehr denn je gefragt ist.
Eine Festrede unserer Vorsitzenden Nicolle Möller und ein Grußwort durch Staatsminister Piwarz eröffneten die Veranstaltung – gefolgt von einem wahrlich inspirierenden Vortrag. Der bekannte Bildungskritiker Professor Gerald Hüther machte einmal mehr deutlich, dass unsere alte Schule ausgedient hat, dass wir die Lernlust unserer Kinder nur dann erhalten oder wiedererwecken können, wenn Schule sie zu Subjekten ihrer eigenen Lernprozesse macht. Dass die „alte Schule“ mit Frontalunterricht, in der der Lehrer alles besser weiß, zu „Bulimielernen“ führt, so dass kurz nach dem Schulabschluss 90% des Wissens wieder vergessen sind, ist seit Langem bekannt. Ziel von Schule müsse sein, dass kein einziges Kind im Schulsystem verloren ginge, dass jedes Kind dabei unterstützt werden müsse, sein Leistungsvermögen zu entdecken und auszuschöpfen. Das aber ginge nur mit einer anderen Art von Schule. Er wies dabei auf erfolgreiche schon praktizierte alternative Schulkonzepte und Initiativen hin, die an staatlichen, also „normalen“ Schulen gelebt werden, wie z.B. „Schule im Aufbruch“, den „FREI DAY“ oder auch „LernLust.Jetzt!“. Am zweiten Tag unserer Veranstaltung gab es intensiven und inspirierenden Austausch in Workshops zu den Haupthemen „Schule der Zukunft“, „Lehrerausbildung und Lehrermangel“ und „Elternmitwirkung“.
Hier haben die unterschiedlichen Sichtweisen durch die o.g. Akteure aus Sicht der Teilnehmer zu zahlreichen neuen Erkenntnissen geführt. D.h., allein die heterogene Zusammensetzung der Workshopgruppen wurde schon als gewinnbringend eingeschätzt.
Die Ergebnisse von insgesamt 10 Workshopgruppen spiegeln die vielen Baustellen im sächsischen Bildungssystem wider. Und es wurde deutlich, dass es hier z.T. offenbar jahrelangen Stillstand gibt.
Das Thema Lehrermangel wird (auch in Sachsen) seit Jahrzehnten diskutiert und trotzdem bekommen wir das bislang nicht in den Griff – die Qualität der Schulausbildung unserer Kinder leidet hierunter genauso wie die Gesundheit der Lehrkräfte. Mangel führt vielfach an unseren Schulen zu massivem Unterrichtsausfall und zu permanenter Überlastung des Lehrkörpers.
Seit Gründung des Bundeslandes Sachsen versuchen Eltern auf eine Modernisierung von Schule hinzuwirken, auf eine Schule, in der Lernen und Lehren Spaß macht, wo die Art und Weise des Wissenserwerbs die Ergebnisse von Bildungswissenschaft und -forschung widerspiegeln. Umso bedenklicher ist es, wenn heute Schülerinnen und Schüler klar sagen, dass Schule an sich kaum Spaß macht, dass es kein Ort der Freude ist! Und ebenso bemerkenswert ist es, dass auch engagierte Lehrer die für sich ähnlich einschätzen.
Als klare Anliegen aus den Workshops an SMK, Landeselternrat und die Gesellschaft seien hier stellvertretend und beispielhaft genannt:
Schulentwicklung Schulen sollen sich nach außen hin öffnen und viel mehr mit externen Partnern zusammenarbeiten und damit den Praxisbezug der Lehre maßgeblich erhöhen. Das Benoten muss auf den Prüfstand, es erzeugt eine scheinbare Objektivität und wirkt intensiver Lernfreude entgegen. Beispielsweise können Lernstandserhebungen eine motivierende und wirksamere Alternative sein. Lehrer sollen beim Lernen zu Lernbegleitern werden, die in dieser Rolle die Persönlichkeit des Schülers berücksichtigen können und somit einen Lernprozess nach Begabung, Interesse und Kompetenz begleiten, so dass ein viel intensiveres persönlichkeitsbildendes Lernen möglich wird. Ein Lernen, welches dann automatisch von gegenseitiger Wertschätzung geprägt ist, was Schule zu einem attraktiven Lern- und Lehrort für alle Beteiligten macht, sollte Ziel der Schulentwicklung sein.
Qualitätssicherung und -entwicklung Die Einführung eines Feedbacksystem an allen sächsischen Schulen, welches sicherstellt, dass sich auch Schüler und Eltern regelmäßig zur Qualität von Schule äußern können und auf dieser Basis gemeinsam mit den Lehrern an Entwicklung ihrer Schule arbeiten können, ist notwendig.
Lehrerausbildung Um die Abbrecherquote zu senken, müssen Lehramtsstudenten besser auf die Anforderungen ihres Berufes vorbereitet werden – durch eine Stärkung der pädagogischen und sozialpsychologischen Ausbildungsinhalte.
Elternmitwirkung Ich Sachsen ist die Elternmitwirkung im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern gesetzlich verankert. Das ist gut! Jedoch muss die Elternmitwirkungsverordnung gesellschaftlichen und schulischen Bedürfnissen angepasst werden. Die Mitsprachemöglichkeiten an Schule sind geradezu dürftig. Z.T. empfinden Schulleitungen Elternmitwirkung als lästig. Um die Entwicklung mit dem vielfältigen Know-How von Eltern unterstützen zu können, müssen sie das auch dürfen. Schulen müssen verpflichtet werden, Eltern (und Schüler) in Entwicklungsprozesse aktiv einzubeziehen. Der große Nutzen von Elternmitwirkung muss für Schulen dadurch erfahrbar gemacht werden. Hierzu braucht es also mehr als ein „Auskunftsrecht“ der Elternräte gegenüber der Schulleitung.
Folgende Links stehen zur Verfügung:
– Imagefilm zur Veranstaltung unter https://cloud.ifdm.net/index.php/s/4ifyArAmgYJYter
– Eröffnungsabend mit dem Vortrag von Gerald Hüther unter https://youtu.be/b6I1aW4c1E8 (Vortrag Hüther ab Minute 57) Der Vorstand des LandesElternRat Die Presseinformation zum Download finden Sie hier: