Psychische Belastungen für Jugendliche und Kinder sind eine enorme Herausforderung für unser Bildungssystem und nehmen weiter zu. Dies zeigt die „Trendstudie Jugend in Deutschland 2024“. Von den Befragten nannte jeder zweite Jugendliche Stress als Ursache der Belastung, jeder dritte fühlt sich erschöpft oder hat Selbstzweifel. Jeder sechste fühlt sich hilflos. In Übereinstimmung mit der Längsschnittstudie „Corona und Psyche“ weisen die Autoren der Studie darauf hin, dass für einen von fünf Jugendlichen eine professionelle Unterstützung angeraten ist. Das sind im Schnitt 5 Kinder mit Unterstützungsbedarf in jeder Klasse.
Auch Schülerinnen und Schüler problematisieren die dramatische Lage. Der Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz Florian Fabricius fordert ein Hinschauen auf Essstörungen, Ängste, Depressionen. Bereits 2021 wurde in der IGLU-Studie aufgezeigt, dass bei Grundschulkindern jedes zweite Kind gemobbt wurde, Beschimpfungen oder Gewalterfahrungen erlebt hat. Dieser Befund ist deckt sich mit dem aktuellen Deutschen Schulbarometer. Nahezu jede zweite Lehrkraft hat physische oder psychische Gewalt an Schule mitbekommen, an Schulen mit Herausforderungen sogar jede dritte Lehrkraft. Der LandesSchülerRat Sachsen (LSR) forderte jüngst „Glück in die Schule“ als Antwort auf die überdurchschnittliche Unzufriedenheit bei Schülerinnen und Schülern.
Die Lage ist Besorgnis erregend. Der LandesElternRat Sachsen (LER) fordert in seinem Positionspapier eine Initiative zur Stärkung der psychischen Gesundheit von Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften. Wir müssen:
- unsere Lehrpläne und Lerninhalte ebenso hinterfragen wie unsere Lern- und Lehrmethoden,
- mehr Unterstützungssysteme in Form von multiprofessionellen Teams ermöglichen, auch mit Psychologinnen und Psychologen sowie medizinischem Personal,
- Entlastungen für Lehrkräfte schaffen und
- Weichen stellen für ein positives Miteinander sowie eine Feedbackkultur auf Augenhöhe, so dass Schülerinnen und Schüler über ihre Anliegen aber eben auch über ihre Beschwerden sprechen können.
„Mentale Gesundheit ist deshalb kein »nice-to-have«, kein Extra zum Wohlfühlen. Nein, sie ist Grundlage für erfolgreichen Unterricht und gemeinsames Lernen.“, wie es Florian Fabricius formulierte.
Auf Initiative der Landesarbeitsgemeinschaft Schulsozialarbeit fordern wir gemeinsam mit dem LSR, der Lehrergewerkschaft GEW und dem Gymnasiallehrerverband Schulsozialarbeit an allen Schulen, da Sorgen, Ängste und Nöte nicht von der Schulform abhängen. Wir haben klar formuliert, dass für uns die Auswirkungen der Corona Pandemie noch deutlich zu spüren sind. So ist die Anzahl junger Mädchen und Frauen mit Essstörungen in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin in Leipzig seit der Pandemie signifikant auf einem hohen Niveau. Wer erklärt, dass wir im System Schule zu „Vor-Corona-Bedingungen“ zurückkehren können, verschließt die Augen vor der Realität.
Wir fordern einen gesetzlich geregelten Nachteilsausgleich bei Dyskalkulie ebenso wie bei Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS), wie in anderen Bundesländern auch. Betroffene Kinder und Familien leiden stark unter dem Misserfolg, den Selbstzweifeln und brauchen Hilfe und Unterstützung.
Wir brauchen qualitativ hochwertige Weiterbildungen für Lehrkräfte zur Mobbingprävention und gewaltfreien Kommunikation. Generell müssen Präventionsangebote an Schule gestärkt und niederschwellige Interventions- und Hilfsangebote für Lehrkräfte bei Bedarfen ermöglicht werden.Die aktuellen gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen sind riesig. Ein Diskurs, der zwischen „totale Katastrophe“ und „früher war alles besser“ changiert, hilft hier ebenso wenig wie das kontrafaktische Schimpfen über die angeblich „faule Jugend“. Die junge Generation hat während der Corona-Pandemie ohne Murren Lasten getragen, zu denen viele der älteren nicht bereit waren. Wir sollten die Lebenswelten unsere Kinder anerkennen, akzeptieren und ernst nehmen, uns auf Augenhöhe begegnen und Unterstützungsstrukturen schaffen, die eine chancengerechte Bildung für alle ermöglichen!