Sehr geehrter Herr Kultusminister Piwarz,
in unserer Wahrnehmung spitzen sich die Krisenerscheinungen an unseren Schulen weiter zu. Sie gehen zu Lasten der Schülerinnen, Schüler und Eltern. Wir haben den Eindruck, dass in zwei Jahren Pandemie im politischen Handeln zu wenig an unsere Kinder und deren Familien gedacht wird. Reichen Sie bitte nachfolgende Fragen auch an die anderen Ressorts des sächsischen Kabinetts weiter.
- Wenn es in Sachsen zu einem erneuten Lockdown kommt, wie stellen Sie sicher, dass alle sächsischen Schülerinnen und Schüler in gleicher Weise von ihren Schulen im Homeschooling unterstützt werden? Wie wird also sichergestellt, dass Hybrid- bzw. Wechselunterricht sachsenweit in vergleichbarer guter Qualität stattfindet?
Wie Sie wissen, legen Schulleitungen wegen des empfehlenden Charakters Ihrer Schulleiterschreiben Ihre Vorgaben ganz unterschiedlich aus. Wir möchten das die besten Schulen Schule machen! - Wie wird sichergestellt, dass alle Schülerinnen und Schüler der aktuellen Abschluss- und Wechseljahrgänge gleiche Prüfungsbedingungen bzw. Zugangsbedingen zu den weiterführenden Schulformen haben? „Regelbetrieb“ suggeriert formal, dass normaler Unterricht stattgefunden hat und so ist abzusehen, dass dies zu Ungleichbehandlung führt. Schülerinnen und Schüler, die von Schulschließungen und Quarantäne betroffen sind/waren, werden dann benachteiligt. Ebenso wird vermutlich grundsätzlich unterstellt, dass in den jeweiligen Fächern der komplette Stoff vermittelt wurde.
- Wie werden Schülerinnen und Schüler bzw. deren Eltern bei den momentanen Schulschließungen oder angeordneter Quarantäne unterstützt? Eltern fühlen sich überfordert und haben Ängste, z.Bsp. stehen in den 4. Klassen die Bildungsempfehlungen an.
- Vor demselben Hintergrund fragen sich besonders selbständige Eltern von Kindern bis 14 Jahren, ob sie sich für Job oder die Beschulung entscheiden sollen, wenn sie sich überhaupt in der Lage sehen, die Unterrichtsinhalte zu Hause als „Lehrer“ zu vermitteln. D.h., hier steht schon wieder die berufliche Existenz auf dem Spiel, besonderes bei „Soloselbstständigen“.
Wie werden in diesem Fall Familien und Alleinerziehende konkret unterstützt? - Wie wird, auch vor diesem Hintergrund, das Aufholen an jeder sächsischen Schule für jede Schülerin und jeden Schüler sichergestellt? Die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass auch „Aufholen nach Corona“ an zu vielen Schulen kaum bis gar nicht stattfindet
- Wie sind die nachvollziehbare Aufhebung der Präsenzpflicht mit einer Ablehnung der Beschulung der Kinder, die von ihren Eltern aus persönlich guten Gründen nicht in die Schule geschickt werden, zu vereinbaren? Es widerspricht angesichts der aktuellen Krisensituation dem gesellschaftlichen Bildungsauftrag, wenn den ohnehin belasteten Eltern die Beschulung ihrer Kinder auferlegt wird.
- Wie stellen Sie grundsätzlich sicher, dass Eltern sowie Schulverantwortliche jeweils zuständige Ämter erreichen, um dringend notwendige Auskünfte zu erhalten? Aktuell sind mancherorts Gesundheitsämter, das zuständige Landesamt für Schule und Bildung kaum oder gar nicht erreichbar. Schulen selbst können den Eltern deshalb weder klare noch einheitliche Auskünfte erteilen. Ruhige Entscheidungen sind nicht möglich.
Alles in allem sehen wir die Entwicklungen mit Sorge aber auch mit Ärger. Wir fragen uns, ob im Sächsischen Kabinett die o.g. Probleme eine Rolle spielen, ob Bildung und Familie bei politischen Entscheidungsprozessen überhaupt wesentliche Beachtung finden.
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